NL Demenz und Corona | Hilfreiches aus der Beratung | 11.11.2020

Die Beratung der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg bleibt erreichbar:

Telefon 0711 24 84 96-63 

Mail beratungalzheimer-bwde


Demenz und Corona: Was jetzt gilt und woran man denken sollte

Was ist erlaubt? Was ist verboten? Ich verliere den Überblick.

Ich hatte gerade wieder eine Beziehung zu meiner Mutter aufgebaut. Jetzt habe ich Angst, dass ich sie wieder für Wochen nicht im Pflegeheim besuchen kann.

Ich war froh, die Betreuung meiner Eltern wieder abgeben zu können, um mehr zu arbeiten. Nun muss ich vielleicht die Pflege erneut anders organisieren. Gibt es weiterhin eine Entlastung berufstätiger pflegender Angehöriger durch den Staat?

Ist es nicht viel zu riskant, den Pflegedienst ins Haus zu lassen? Allein wird es mir aber inzwischen einfach zu viel. Ich bin ratlos.

Seit dem 2. November gelten erneut strengere Regelungen für den Alltag und den Umgang miteinander. Am Beratungstelefon hören wir, wie verunsichert viele Angehörige sind, was erlaubt und was verboten ist. Groß ist auch die Sorge vor erweiterten Besuchseinschränkungen und -verboten der Pflegeheime. Wer einen Angehörigen zu Hause betreut, ist unsicher, ob Betreuungsgruppen und Tagespflegen geöffnet bleiben und welche Unterstützungsangebote auch weiterhin genutzt werden können. Wir geben einen Überblick über die aktuell wichtigsten Aspekte.

Betreuungsgruppen und Tagespflegen dürfen geöffnet bleiben Entlastungsangebote wie Betreuungsgruppen und Tagespflegen dürfen weiterhin öffnen, allerdings wie bisher unter Einhaltung strenger Regeln. So werden die Gruppen verkleinert, Zu- und Ausgänge markiert, die Mindestabstände eingehalten und besondere Vorkehrungen für die Mahlzeiten getroffen. Außerdem gehören zu diesem Hygienekonzept, das schriftlich festgehalten wird und einsehbar sein sollte, regelmäßige Befragungen zum aktuellen Gesundheitszustand aller Ehrenamtlichen, Fachkräfte und Gäste.

Trotz der grundsätzlichen Erlaubnis liegt die Entscheidung für oder gegen eine Öffnung allerdings beim jeweiligen Träger. Aktuell stehen einigen Gruppen die bislang genutzten Räumlichkeiten nicht zur Verfügung, so dass keine Treffen stattfinden können. Nach wie vor müssen deshalb mancherorts die Angehörigen wieder oder weiterhin auf diese Entlastungsangebote verzichten.

Besuche im Pflegeheim bleiben erlaubt
Seit den drastischen Regelungen im Frühjahr ist das Bewusstsein dafür gewachsen, wie wichtig, ja unerlässlich, der persönliche, auch körperliche Kontakt ist, gerade für Menschen mit Demenz. Deshalb gelten auch für Besuche im Pflegeheim die seit Juni 2020 gelockerten Regelungen auch im November. Eine Verschärfung der Regelungen gibt es nicht. Danach können Besuche stattfinden und es liegt nicht im Ermessen der Heimleitung, diese Besuche zeitlich einzuschränken oder Besuchszeiten vorzugeben.

Die wichtigsten Regelungen (Auswahl):

  • Bewohnerinnen und Bewohner können pro Tag grundsätzlich von zwei Personen besucht werden. Die Einrichtung kann aus besonderen Anlässen Ausnahmen zulassen.
  • Besuche im Bewohnerzimmer sind erlaubt. In den Gemeinschaftsräumen dürfen keine Besuche stattfinden.
  • Besucherinnen und Besucher müssen während des gesamten Aufenthalts in allen geschlossenen Räumen der Einrichtung, also auch im Bewohnerzimmer, eine Mund-Nase-Bedeckung tragen.
  • Besucherinnen und Besucher müssen einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einhalten. Der Mindestabstand gilt nicht für Angehörige, sodass der besonders für Menschen mit Demenz wichtige Körperkontakt möglich bleibt.
  • Die Leitung der Einrichtung kann insbesondere für Personen, die keine Angehörigen sind, weitere Ausnahmen zulassen, beispielsweise im Rahmen der Sterbebegleitung oder zur Unterstützung der Bewohnerinnen und Bewohner bei der Nahrungsaufnahme.
  • Der Besuch von Bewohnerinnen oder Bewohnern, die mit dem Coronavirus infiziert sind oder bei denen ein begründeter Infektionsverdacht besteht, ist nur mit Einverständnis der Einrichtung und unter Einhaltung weiterer gebotener Schutzmaßnahmen wie beispielsweise dem Tragen von Schutzkitteln möglich.
  • In den Gemeinschaftsbereichen der Einrichtungen sind Besuche unzulässig, es sei denn, diese Bereiche sind von der Leitung der Einrichtung speziell als Besucherbereiche freigegeben.

Vollständige Corona-Verordnung Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen

Schnelltests auch für Angehörige
Aktuell wird die Umsetzung der Coronavirus-Testverordnung auf den Weg gebracht. Die Eckdaten dazu hat das Bundesministerium für Gesundheit Mitte Oktober in einer Verordnung (Coronavirus-Testverordnung) festgelegt. Danach können sich auch Angehörige von Menschen mit Demenz, welche im Pflegeheim leben, eine Tagespflege oder eine Betreuungsgruppe besuchen oder Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes oder eines Häuslichen Betreuungsdienstes nutzen, kostenlos testen lassen.

Nach aktuellem Stand können die Einrichtungen die Antigen-Tests ab sofort beantragen, beschaffen und nutzen. Informationen zur Beantragung und zur Umsetzung:

Kurzanleitung Wie beantrage ich einen Antigen-Test?

Handlungsleitfaden zu möglichen Testungen für Pflegeeinrichtungen

Umsicht und Vorsicht auch zu Hause
Private Besuche gut vorbereiten
Private Besuche sollen im November möglichst eingeschränkt werden, bleiben aber erlaubt, sofern nicht mehr als 10 Personen aus zwei Haushalten zusammenkommen. Um das Infektionsrisiko gering zu halten, sollte jeder, der private Besuche plant, darauf achten, im Vorfeld sein persönliches Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten und Kontakte zu vermeiden. Grundsätzlich gilt: Bei Besuchen aus der Familie oder dem Freundeskreis lässt sich das Risiko in der Regel leichter abschätzen als bei Fremden, deren Lebensumstände und Kontakte man nicht kennt.

Hygieneregeln beachten
Auch wenn es im Privaten ungewohnt ist, sollten ausnahmslos alle Besucherinnen und Besucher die Hygienevorschriften einhalten. Hierzu gehören insbesondere gründliches Händewaschen und -desinfizieren und das Einhalten von Abstand. Ob bei privaten Besuchen ein Mund-Nase-Schutz getragen werden soll, muss jeder für sich entscheiden.

Das eigene Risiko reduzieren
Pflegende Angehörige tragen eine besondere Verantwortung. Sie sollten deshalb ihr eigenes Ansteckungsrisiko reduzieren und möglichst auf Einkäufe, nicht notwendige Kontakte und verschiebbare Arzttermine verzichten. Sicher finden sich Angehörige, Freunde oder Nachbarn, die Besorgungen übernehmen können.

Vorsorge treffen
Trotz aller Vorsicht ist niemand vor einer Ansteckung sicher. Pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz sollten deshalb Regelungen für den Fall treffen, dass sie durch Erkrankung oder Quarantäne ausfallen oder eingeschränkt werden. Da es zurzeit kaum möglich ist, Kurzzeitpflegeplätze zu finden, sollte die Notfallregelung privat abgesprochen und organisiert werden. Außerdem empfiehlt es sich, ausreichend Vorräte für eine Quarantänezeit anzulegen.

Auf sich selber achten
Die Herausforderungen und Belastungen für Angehörige von Menschen mit Demenz bleiben hoch. Umso wichtiger ist es, auch an sich selbst zu denken. Deshalb sollten sie Hilfsangebote aus dem Familien- oder Freundeskreis trotz des damit verbundenen Risikos annehmen, sich Ruhezeiten nehmen und neue Kraft tanken.

Masken bleiben ein Problem für Menschen mit Demenz
Viele Menschen mit Demenz können sich nach wie vor nur schwer an das Tragen einer Maske gewöhnen bzw. erkennen ihr Gegenüber mit Maske nicht. Wie man mit Vorbehalten und Ängsten umgehen kann, haben wir im Frühjahr in einem gesonderten Corona-Newsletter zusammengestellt. 

MDK-Prüfung
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) verzichtet während der aktuellen Kontaktbeschränkungen auf Regelprüfungen in ambulanten und stationären Einrichtungen und auf Hausbesuche zur Feststellung des Pflegegrades. Wie man sich auf eine telefonische Prüfung vorbereiten kann, haben wir bereits im Juni in einem gesonderten Corona-Newsletter zusammengestellt.

Was, wenn die Pflege zu Hause neu organisiert werden muss?
Viele pflegende Angehörige sind auf Unterstützungs- und Entlastungsangebote angewiesen, um Berufstätigkeit und Pflege zu koordinieren. Sie befürchten nun, dass sie die Pflege weiterhin oder wieder neu organisieren müssen, weil nicht alle Angebote zur Verfügung stehen. Für diesen Fall bleiben wichtige Regelungen vorläufig bis zum Jahresende bestehen:

  • Anspruch auf 20 (statt 10) Freistellungstage für coronabedingte Versorgungsengpässe
  • Flexiblere Möglichkeiten zur Inanspruchnahme der Familienpflegezeit
  • Erweiterte Nutzung des Entlastungsbetrags
  • Erhöhter Erstattungsbetrag für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel

Detaillierte Informationen zu den Leistungen und Voraussetzungen finden Sie in einer aktuellen Übersicht der Verbraucherzentrale. Eine gute Übersicht gibt auch die Zusammenstellung der AWO-Pflegeberatung.

Corona: Hilfen und Links
In der Informationsflut ist es wichtig, den Überblick zu behalten und sich auf verlässliche Quellen zu konzentrieren. Wir bemühen uns, die für unseren Bereich wichtigen Informationen zu sichten, zu prüfen und bereitzustellen. Eine Übersicht finden Sie auf unserer Website www.alzheimer-bw.de.

Wenn ein Gespräch helfen könnte
Die erfahrenen Fachkräfte am Beratungstelefon der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg suchen im Gespräch mit den Anrufenden Lösungen für individuelle Konfliktsituationen: Montag - Freitag 0711 24 84 96-63 (auf Wunsch auch anonym). Oder per Mail an beratungalzheimer-bwde.