NL Demenz und Corona | Hilfreiches aus der Beratung | 12.05.2020

Die Beratung der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg bleibt erreichbar:

Telefon 0711 24 84 96-63 

Mail beratungalzheimer-bwde


Wenn Einsicht fehlt und Zorn wächst

Eine Ehefrau möchte ihren an Demenz erkrankten Mann aus Angst vor Ansteckung am Einkaufen und Spazierengehen hindern. Darauf reagiert er mit Unruhe und wachsender Feindseligkeit. Seine Frau weiß sich der inzwischen oft auch handfesten Angriffe nicht mehr zu erwehren.

Eine an Demenz erkrankte Frau weigert sich, nach dem Spaziergang die Hände zu waschen, da sie ja nichts angefasst habe. Hinweise auf Aufzugknöpfe und Türklinken kann sie nicht nachvollziehen. Der Ehemann fürchtet nun um die Gesundheit beider.

Ein im Pflegeheim lebender Vater wird nach Wochen ohne Besuch immer unruhiger, sucht seine Frau und nach Auswegen aus dem Heim. Er läuft in andere Zimmer und ruft panisch um Hilfe. Die Pflegekräfte und die Angehörigen wissen sich keinen Rat mehr. So kann es nicht weitergehen.

In den Gesprächen mit Angehörigen, die sich an das Beratungstelefon der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg wenden, erfahren wir täglich, wie belastend die aktuelle Situation für Angehörige von Menschen mit Demenz ist.

Nachdem die Beschränkungen nun schon seit Wochen bestehen, melden sich vermehrt Angehörige, die mit den zunehmend heftigeren Reaktionen von Menschen mit Demenz auf die Regelungen, Einschränkungen und Veränderungen nicht mehr zurechtkommen. Zuhause sind sie oft alleiniges Ziel für Ärger, Anschuldigungen und Angriffe.

Wie können Angehörige auf zunehmenden Zorn oder sogar körperliche Übergriffe reagieren bzw. sie möglichst im Vorfeld verhindern?

Wut und Aggression verstehen

Menschen mit Demenz sind mehr als andere auf Ruhe und Gleichmaß in ihrem Alltag angewiesen. Die Vertrautheit mit den tagtäglichen Abläufen gibt ihnen Sicherheit. Die aktuellen tiefgreifenden Veränderungen belasten sie deshalb umso mehr, je länger sie andauern:

  • feste Termine (Betreuungsgruppe) und regelmäßige Besuche fehlen
  • Rituale und Gewohnheiten müssen entfallen
  • der Bewegungsspielraum ist erheblich eingeschränkt
  • dabei ist die Gefahr durch ein unsichtbares Virus nicht nachvollziehbar
  • Anordnungen wie Abstandsregel, Hygienevorschriften, Besuchsverbot sind unverständlich
  • es herrscht allgemeine Unruhe und Unsicherheit

Menschen mit Demenz spüren die Anspannungen um sie herum, verstehen aber die Gründe für die Veränderungen nicht. In der Folge wachsen innere Spannung, Unbehagen und Unsicherheit. Diese äußern sich unter Umständen in aufbrausendem Verhalten, in Ärger und Anschuldigungen oder sogar in Tätlichkeiten.

Anspannungen und Konflikten vorbeugen

Es ist einfacher, Konflikte zu vermeiden, als sie beizulegen. Dazu kann die Gestaltung des Alltags ebenso beitragen wie das eigene Verhalten. Gerade jetzt ist es wichtig, dass die Angehörigen

  • möglichst klare und ruhige Abläufe und Rituale schaffen
  • für ausreichend Bewegung und Beschäftigung sorgen, dabei die vorhandenen Fähigkeiten berücksichtigen, um Frustration und Ärger zu vermeiden
  • das Selbstwertgefühl stärken ("Ich bin froh, dass ich jetzt nicht alleine bin!")
  • Situationen, die regelmäßig für Ärger sorgen, möglichst vermeiden oder versuchen, von ihnen abzulenken
  • Gefühle spiegeln und Verständnis zeigen ("Ich kann verstehen, dass dich das ärgert. Im Moment müssen sich aber alle gründlich die Hände waschen.")
  • die eigenen Sorgen mit anderen besprechen und zuhause nicht thematisieren
  • erkennen, wann die eigene Belastungsgrenze erreicht ist und man deshalb selbst nicht mehr ruhig agiert und reagiert

Konflikte entschärfen

Konfliktträchtige Situationen lassen sich manchmal dennoch nicht vermeiden, eine Eskalation kann aber unter Umständen noch verhindert werden:

  • die Bedürfnisse und Gefühle ernst nehmen, die sich in den Beschimpfungen oder Tätlichkeiten äußern
  • vermeiden zu schimpfen oder zu widersprechen
  • durch Mimik, Gestik, Stimme und Körperhaltung Zuwendung ausdrücken
  • das Gefühl vermitteln, dass man gemeinsam eine Lösung finden wird
  • von dem konfliktträchtigen Thema ablenken
  • sich ggf. kurz zurückziehen und nach der Rückkehr das Thema erneut ansprechen
  • Gefährliches und Gefährdendes außer Reichweite bringen
  • lässt sich eine Eskalation nicht vermeiden, möglichst jemanden hinzuholen

Wenn ein Gespräch helfen könnte

Die erfahrenen Fachkräfte am Beratungstelefon der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg suchen im Gespräch mit den Anrufenden Lösungen für individuelle Konfliktsituationen: Montag - Freitag 0711 / 24 84 96-63 (auf Wunsch auch anonym).

Corona: Hilfen und Links

Das Thema Corona beherrscht die Medien. In der Informationsflut ist es wichtig, den Überblick zu behalten und sich auf verlässliche Quellen zu konzentrieren. Wir bemühen uns, die für unseren Bereich wichtigen Informationen zu sichten, zu prüfen und bereitzustellen. Eine Übersicht finden Sie auf unserer Website www.alzheimer-bw.de.